Mit der Diskussion über erneuerbare Energiequellen verstärken sich die Bestrebungen, mehr Holz als Baustoff und CO2-neutralen Energieträger zu nutzen. Dies macht aus ökologischer Sicht Sinn, sofern man dabei die Ansprüche der Totholzbewohner nicht aus den Augen verliert.
Bis vor wenigen Jahrzehnten wurden die Schweizer Wälder sowohl industriell als auch privat stark genutzt. Holz, das nicht als Bauholz verwendet werden konnte, galt als Brennholz. Die Bevölkerung sammelte selbst kleine Äste zum Heizen oder Kochen. Totholz, das in einem Urwald bis zu 50% des Holzvolumens ausmachen kann, wurde somit in bewirtschafteten Wäldern seltener und mit ihm viele holzbewohnende Organismen.
Anstieg der Totholzmengen ¶
In den letzten Jahrzehnten sind die Totholzvorräte wieder angestiegen, unter anderem aufgrund der beiden Orkane "Vivian" (1990) und "Lothar" (1999) sowie wegen der in schwer zugänglichen Gebieten nicht mehr rentablen Holzernte. Dank der Zunahme von totem Holz können sich die auf dieses Substrat angewiesenen Organismen langsam wieder erholen. Dies war dringend nötig, denn viele Totholzbewohner sind durch den langjährigen Mangel an totem Holz selten geworden. Gleichzeitig ist das Bewusstsein der Bevölkerung für die ökologische Bedeutung des Totholzes gestiegen.
Nachfrage nach Energieholz steigt ¶
Mit der Diskussion über erneuerbare Energiequellen verstärken sich die Bestrebungen, mehr Holz als Baustoff und CO2-neutralen Energieträger zu nutzen. Die steigende Nachfrage nach Energieholz hat in den letzten Jahren zu einer intensiveren Nutzung unserer Wälder geführt (Abb 2). Während die Holzernte vor dem Jahr 2000 mit Ausnahme des Sturmjahrs 1990 immer deutlich tiefer als 5 Millionen Kubikmeter war, so liegt sie seit 2000 mehrheitlich und teilweise deutlich darüber. Insbesondere wird immer mehr Waldenergieholz geerntet.
Auch qualitativ schlechtes Holz lässt sich als Energieholz verwenden, was eine vermehrte Nutzung von Sortimenten zur Folge hat, die andernfalls im Wald belassen würden (Foto oben). Diese Entwicklung dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen, denn gemäss dem Bundesamt für Umwelt BAFU wird das Energieholz-Potenzial des Schweizer Waldes derzeit bei Weitem nicht ausgeschöpft.
Demnach könnten jährlich schätzungsweise 2 bis 3,5 Millionen Kubikmeter Holz zusätzlich energetisch genutzt werden. Dies würde bedeuten, dass in Zukunft auch ehemals extensiv genutzte Wälder wieder stärker in den Fokus der Holznutzung geraten, was die Lebensräume von gefährdeten holzbewohnenden Arten von Neuem beeinträchtigen würde.
Kluger Kompromiss nötig ¶
Die Nutzung von Energieholz hat viele gute Seiten, denn jedes Kilogramm Heizöl, welches wir durch Holz ersetzen, entlastet die Atmosphäre um mehr als 3 Kilogramm CO2 (siehe Kasten). Eine Steigerung der Holznutzung hilft nicht nur im Kampf gegen die Klimaerwärmung, sondern kann auch die Artenvielfalt fördern. Licht- und wärmebedürftige Arten profitieren von den veränderten Umgebungsbedingungen nach einem Holzschlag.
Die grosse Herausforderung besteht darin, trotz verstärkter Holznutzung gleichzeitig und im selben Gebiet die Ansprüche der auf alte Bäume und Totholz angewiesenen Arten zu berücksichtigen. Aus Sicht des Artenschutzes sollten sich lichte, lückige Bestände und wenig genutzte, totholzreiche Wäldgebiete abwechseln. Lichte Wälder mit hohem Totholzanteil sind besonders wertvoll. Längerfristig sollten in jedem Wald so viele alte Bäume und so viel Totholz verbleiben, dass die Ansprüche der im Gebiet vorkommenden Totholzbewohner erfüllt sind.
Fazit ¶
Sowohl die Nutzung von Holz als Energieträger als auch das Belassen von Totholz im Wald dienen der Natur. Beim Interessenkonflikt "Energieholznutzung vs. Totholzförderung" sollte es deshalb kein Entweder-oder geben, sondern ein Sowohl-als-auch.
Wer Öl durch Holz ersetzt, entlastet die Atmosphäre
Die Verbrennung von Holz setzt gleichviel CO2 frei, wie die Bäume im Verlauf ihres Wachstums der Atmosphäre entzogen haben. Die gleiche Menge CO2 gelangt in die Umwelt, wenn das Holz ungenutzt im Wald verrottet. Heizen mit Holz ist deshalb CO2-neutral und trägt nicht zum Treibhauseffekt (globale Klimaveränderung) bei. Im Gegenteil: Jedes Kilogramm Heizöl, welches wir durch Holz ersetzen, entlastet unsere Atmosphäre um mehr als 3 Kilogramm CO2. Energieholz wird einerseits aus dem Wald (Sortimente niedriger Qualität) gewonnen, andererseits aus Restholz von Sägereien sowie aus Altholz und Holz aus der Landschaftspflege.
Quelle: Bundesamt für Umwelt BAFU
Die oberste Schicht von Energieholzlagern im Wald belassen
Energieholzlager im Wald können unter anderem seltene und bedrohte holzbewohnende Käfer anziehen, denn das gelagerte Holz stellt einen wichtigen Ersatzlebensraum für die Larvenentwicklung dar. Doch nur allzu oft wird das Energieholz zur Falle, und die Käferlarven landen mitsamt dem Holz in der Hackschnitzelmaschine oder direkt im Holzofen.
Neuere Forschungsergebnisse aus Schweden zeigen, dass sich in einem Eichen-Energieholzlager die meisten Käferlarven in der obersten Schicht entwickeln. Aus Sicht des Artenschutzes ist es deshalb wichtig, dass diese Holzschicht im Wald verbleibt und nur das übrige Holz verwertet wird. Das ermöglicht einem grossen Teil der Insekten zu überleben. Am besten ist es, wenn man das Holz kurz nach dem Holzschlag abtransportiert, noch bevor die Käfer ihre Eier ins Holz abgelegt haben.
Hedin, J, G. Isacsson, M. Jonsell, and A. Komonen. 2008. Forest fuel piles as ecological traps for saproxylic beetles in oak. Scandanavian Journal of Forest Research 23:348–357.
Quellen ¶
- Schweizerisches Landesforstinventar LFI. www.lfi.ch
- BAFU (Hrsg.) 2012: Jahrbuch Wald und Holz 2012. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Zustand Nr. 1024: 174 S.
- Holzenergie. Bundesamt für Umwelt BAFU.