Totholz, ein Ort der Waldverjüngung

Die Verjüngung auf Totholz hat vor allem in Gebirgswäldern eine grosse Bedeutung. Im Bergwald ist die natürliche Waldverjüngung oft erschwert: neben den harschen Wetterbedingungen (Temperatur, Schnee) spielen auch Hochstauden, Zwergsträucher, dichter Graswuchs oder stark vernässte Böden eine wichtige Rolle.

In diesen Lagen sind kleinstandörtliche Unterschiede bezüglich Besonnung, Relief, Vegetationskonkurrenz oder Wilddruck die entscheidenden Faktoren, ob die Waldverjüngung innert der gewünschten Zeit aufkommt oder nicht. Auf besonders verjüngungsfeindlichen Standorten ist totes Holz oftmals als Keimsubstrat für Baumsamen unerlässlich.

Wurzelteller, Baumstrünke und aufgerissene Stellen im Stamm sind besonders günstige Kleinstandorte für die Verjüngung. Langfristiges Überleben ist aber erst auf Holz möglich, das seit mindestens 15 bis 30 Jahren auf dem Boden liegt und schon recht stark zersetzt ist. Ist das Holz zu frisch, sterben die Keimlinge meist infolge Trockenheit wieder ab. Das gezielte Liegenlassen von Totholz als Keimbett für die Verjüngung sollte deshalb langfristig geplant werden.

Totholz beeinflusst das Mikroklima

Älteres, angemodertes Totholz ist ein ausgezeichnetes Keimbett. Es liefert den Jungpflanzen Nährstoffe und schützt sie durch seine Fähigkeit Wasser zu speichern gegen Trockenheit. Durch die erhöhte Lage sind die kleinen Bäumchen dem Konkurrenzdruck durch Pflanzen (Gräser, Hochstauden, etc.) weniger ausgesetzt und vor Schneegleiten weitgehend geschützt.

Totes Holz hat auch einen wesentlichen Einfluss auf die unmittelbare Umgebung. Besonders im Frühling ist das gut sichtbar, wenn der Schnee um liegende Stämme und Baumstrünke schneller ausapert als auf den umgebenden Flächen. Dadurch sind die Bäume auch weniger anfällig für Schwarzen Schneeschimmel (Herpotrichia juniperi). Dass Holz ein guter Wärmespeicher ist, merkt unter anderem auch die Waldeidechse.

Fichten sehr häufig auf Totholz

Besonders grosse Bedeutung hat die Totholzverjüngung in montanen und subalpinen Fichtenwäldern mit starker Konkurrenzvegetation (z.B. Piceo-adenostyletum). Verschiedene Baumarten verjüngen sich dort auf totem Holz, allen voran aber die Fichte. Bei der Hauptbaumart in den Schweizer Bergwäldern ist der Ansamungserfolg auf Moderholz deutlich grösser als daneben. Es gibt aber auch zahlreiche Fichtenwaldgesellschaften mit wenig ausgeprägter Krautpflanzenschicht, wo die Verjüngung auf Moderholz nicht entscheidend ist.

Im Gegensatz zu anderen guten Kleinstandorten für die Fichtenverjüngung (zum Beispiel Mineralerde) kann Moderholz über eine lange Dauer, oft während Jahrzehnten, ein günstiges Keimbett sein. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass teilweise über die Hälfte aller jungen Fichten im Gebirgswald auf Totholz wachsen. Diese Tatsache ist in vielen Bergwäldern auch noch nach Jahrzehnten sichtbar, wenn die Stämme, auf denen die Bäume keimten, schon längst vermodert sind. Die Wurzeln wirken in extremen Fällen wie Stelzen, auf denen die alte Fichte steht. Solche Bäume werden "Stelzenfichten" genannt.

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